Ganz im Westen Spaniens: Isla Cristina

Wir sind wieder in einer Hafenstadt, in der Fischfang eine große Rolle spielt. Die meisten TouristInnen kommen allerdings wohl der schönen Strände wegen nach Isla Cristina. Hinter den schattigen Pinienwäldern dehnt sich der Sandstrand von Urbanisation zu Urbanisation, bis zur nächsten Flussmündung. Hochhäuser sind zwar vorhanden, halten sich aber im Hintergrund; es dominieren Reihenhaus-Apartments und einzeln stehende Ferienvillen auf Stelzen, mit Unterstand für Auto und Boot.

Im Hafen haben wir viele Tonkrüge gesehen. Sie werden im Meer versenkt und dienen den Kraken eine Weile als Wohnung – bis die Fischer wieder kommen und die aneinandergereihten Tonkrüge aus dem Wasser ziehen. Wir haben schon sehr leckere Sepia und Pulpo gegessen. Aber auch die anderen Fische und Meeresfrüchte sind nicht zu verachten. Heute gibt es ein riesiges Schwertfisch-Steak aus der Markthalle in La Antilla.

In diesem Küstenabschnitt wird viel Thunfisch gefangen. Der Kutter ist gerade in den Hafen gekommen, um die Fische im Rumpf mit frischem Eis zu kühlen. Die Eisfabrik nebenan liefert die Eisstücke über ein Förderband hoch über der Straße direkt ins Boot. Rechts sieht man den wohl unerwünschten Beifang, der leider in die Tonne gewandert ist. Welche Nahrungsvergeudung.

In Isla Cristina gibt es noch Salinen, in denen nach Jahrtausende alter Tradition Meerwasser in große, flache Bassins geleitet wird und dort verdunstet. Auf der Sole kristallisieren die Salzpartikel aus und werden vorsichtig abgeschöpft – Fleur de Sel, die Salzblume erzielt einen besseren Preis. Wenn das Wasser im ganzen Becken verdunstet ist, wird auch der Rest des Meersalzes geerntet.

Sowas haben wir noch nicht gesehen: Im Hafenbecken tummeln sich viele 60-80 cm große Raubfische. Sie schwimmen über den toten Fischen, die die Kutter wohl entsorgt haben. Zu zweit oder zu dritt holen sich die Raubfische eine Fischleiche vom Grund und fressen gemeinsam das Fischfleisch bis auf die Gräte ab. Teamarbeit, die den Hafen sauber hält und sättigt.

Wieder in der Heimat des Sherry

21.5. Jerez de la Frontera ist bekannt für die Sherry- und Brandy-Bodegas. Tio Pepe / Gonzales-Byass und Pedro Domecq zählen zu den bekanntesten, die Bodega Tradicion zu den hochpreisigsten Herstellern des edlen Wein-Getränks. Wir haben uns für die Bodega Sandeman entschieden, die 45 % ihrer Jahresprodiktion von 7 Mio. Litern Sherry allein in Deutschland verkauft. Bei dieser zweiten Bodega-Führung haben wir wieder viel über den Anbau und die Herstellung gelernt.

Kleine Pause in Alcala

Wir waren wieder in der ländlichen Idylle, am Rande eines Naturparks. Morgens hat uns der Hahn geweckt, dann stimmten die Hunde ein und zuletzt die Vögel. Auf der Straße ist uns schon bei der Anfahrt eine Ziegenherde begegnet. Am Abend lauschen wir dem Geläut der Kuhglocken. Und der Gag: Zum Frühstück hat uns ein kleines, auf dem Campingplatz frei laufendes Schwein besucht. Und Bruno hat frischen Markthallen-Fisch und einen neuen Haarschnitt aus Alcala mitgebracht.

Ein englisches Paradoxon in der EU

Gibraltar gehört eigentlich nicht mehr in die politische Landschaft, Kolonien sollte es in der Europäischen Union nicht mehr geben. Die Briten können sich sogar vorstellen, die Halbinsel an Spanien zu übergeben, doch die BewohnerInnen von Gibraltar machen nicht mit: Bei der Volksabstimmung von 2002 votierten 98,97 % für den Erhalt ihres Steuerparadieses und Duty-Free-Shops. Wir haben die Hochhaussiedlung und das gewaltige Felsmassiv gesehen, die Affen auf ihrem Felsen aber nicht besucht.

Am südlichen Ende Europas

19.5. Tarifa ist nicht nur die südlichste Stadt des europäischen Festlands. Tarifa zählt sich selbst auch zu den Säulen des Herkules, dem „Ende der Welt“ des Altertums. Denn die Stadt liegt an der engsten Stelle der Straße von Gibraltar, kaum 14 Kilometer von Marokko entfernt. Von hier aus fahren Katamaran-Schnellboote in 35 Minuten nach Tanger. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf den Bootsverkehr und die Berge des marokkanischen Atlas.

Die Burg des damaligen Stadtkommandanten Guzman thront über der Stadt. Um 1294 belagerten die Mauren Tarifa und brachten den Sohn Guzmans in ihre Gewalt. Sie drohten mit der Ermordung des Jungen und forderten die Übergabe des Castillo. Guzman, so heißt es, zögerte nicht und warf den Mauren aus dem Fenster der Festung ein Schwert zu … Heute steht die Burg zur Besichtigung offen, Infotafeln erläutern die Gebäudeteile - und der Blick von den Zinnen ist grandios.

Afrika in Sichtweite

16.-19.5. Wir haben die 40-Grad-Zonen des spanischen Inlands endgültig verlassen und sind an der windigen Atlantikküste mit ihren angenehmen 25 Grad angekommen. Die See um Tarifa ist nur was für echte Cracks  unter den Windsurfern und Kitern. Wir schauen dem regen Schiffsverkehr zwischen Mittelmeer und Atlantik zu, genießen die Sonne und lassen die Wäsche vom Wind trocknen. Hinter der Silhouette von Tarifa grüßt der nahe marokkanische Atlas zu uns herüber.

 

Neue Bauten auf geschichtsträchtigem Grund

Wenn man in einer alten Stadt ein neues Gebäude errichten will, stehen oft gleich nach dem ersten Baggerbiss die Denkmalschützer auf dem Plan. In Spanien haben wir immer wieder geniale Mehrfachnutzungen auf geschichtsträchtigem Grund entdeckt: In Cadiz wurden Reste der 3000 Jahre alten phönizischen Siedlung konserviert und öffentlich zugänglich gemacht – und weil in der Stadt Baufläche knapp ist, mit einem Theater überbaut. Im Hintergrund sind die mächtigen Pfeiler zu sehen, die das hohe Gebäude tragen.

In Merida in der Extremadura thront das neue Verwaltungszentrum über einem recht ausladenden römischen Quartier, mit Mauerresten und Straßen, einem Tempel mit Säulen und Statuen. Das architektonisch sehr gelungene Stadthaus steht auf Stelzen und lässt so Licht und Luft an die Ruinen. Umgekehrt erhalten die MitarbeiterInnen in den innen liegenden Zimmern Tageslicht von der Seite – und Abwechslung durch die TouristInnen auf Besichtigungstour.

Die älteste Stadt Westeuropas

15.5. Cadiz ist schon ein besonderer Zipfel der andalusischen Küste: Hier siedelten die Phönizier bereits vor rund 3000 Jahren und erbauten ihr „Gadir. Die Römer eroberten den Landstrich im zweiten Punischen Krieg und machten „Gades“ zur ersten spanischen Stadt ihres Reiches. Nach der Entdeckung Amerikas etablierte sich Cadiz als Handelshafen, wurde immer wieder von englischen und französischen Schiffen angegriffen - und von den Mauern und Festungen wie dem Castillo de Santa Catalina aus verteidigt.

In Cadiz wurde die erste Verfassung Spaniens verabschiedet. Die Mitglieder der Ständeversammlung „Cortes de Cadiz“ beschlossen die “Constitucion de 1812“ im Oratorio San Felipe Neri; heute erinnern zahlreiche Gedenktafeln an dieses Ereignis. Die im Volksmund „La Pepa“ genannte Verfassung überdauerte allerdings nicht lange. König Ferdinand VII. fand sie zu revolutionär und setzte sie bereits nach zwei Jahren wieder außer Kraft.  

Wir lieben Märkte und Markthallen

Ein paar Tage im Sherry-Dreieck

12.-16.5. Von El Puerto de Santa Maria aus ist Christoph Kolumbus zu seiner zweiten Amerika-Reise aufgebrochen. Zwar gibt es auch heute noch einige prachtvolle Paläste, ein Kastell und eine Stierkampfarena von internationalem Ruf. Geprägt wird die Stadt allerdings von den Bodegas namhafter Fino- und Brandy-Hersteller. Platzhirsch ist Osborne; daneben gibt es die Kellereien von 501, Grant, Gutierrez Colosia, Luis Caballero, Obregon, Pavon und Terry.

Bei der Führung in der Bodega Osborne erfahren wir, dass Sherry aus maximal drei Rebsorte aus dem Dreieck von Sanlucar de Barrameda, Jerez de la Frontera und El Puerto de Santa Maria besteht und wegen des besonderen Klimas auch nur hier ausgebaut werden kann. Um einen Alkoholgehalt von 15 – 20 % zu erzielen, wird dem Wein Brandy zugefügt – was erklärt, dass alle Sherry-Bodegas ihren eigenen Schnaps brennen. „Sherry“ heißt das edle Gesöff nur außerhalb Spaniens; hier kauft man Fino, Petro Ximenez, Amontillados, Olorosos, etc.

Der Sherry reift in Fässern aus amerikanischer Eiche, immer in drei Reihen übereinander. Aus der untersten Fassreihe wird jährlich ein Drittel abgezapft und verkauft. Der Flüssigkeitsverlust wird aus der zweiten Reihe aufgefüllt, die wiederum aus der oberen Reihe gespeist wird. In das oberste, älteste Fass wird junger Wein nachgefüllt. Bei Osborne wird diese Prozedur seit 1780 gepflegt. Wer an die Heilkraft der homöopathischen Globuli vertraut, darf auch davon ausgehen, dass der Geist des 1790er-Sherry in den heutigen Flaschen mitschwingt.

Eine neue Reise