Die Fluten sind real

Am Nachmittag fahren wir gen Montreal. Sonne pur, rund 20 Grad Celsius, dennoch: ein paar Regenspritzer verlangen die Wischerblätter. Und rechts wie links: die Felder sind überflutet, Wasser en Masse. Wir haben uns einen Camping nahe eines Sees ausgeguckt. Dank unserer Navi finden wir den dann auch, über diverse „Pfade“. Wifi allerbestens, aber: Sandsäcke werden abgeladen, Häuser stehen im Wasser, wir sind volle Kanne im Überflutungsgebiet „gelandet“.

 

 

Impressionen aus der Stadt Quebec

Leben und Wandeln in der Unterstadt

24.5. In der Oberstadt von Quebec residierte das Militär und die Obrigkeit, in der Unterstadt die Handwerker und Fischer. Der älteste Teil der Unterstadt wurde ab 1608 errichtet, einige Häuserzeilen wurden toll renoviert und beherbergen heute Restaurants, Kunstgalerien und Souvenirläden. Kunstwerke prangen auch an einigen Hauswänden und erzählen Geschichten vom Leben einst und jetzt. Auch die älteste ganz aus Stein errichtetet Kirche Nordamerikas (1688) steht hier.

Katholischer Prunk und anglikanische Klarheit

Französisches Flair oder militärische Tristesse

23.5. Das weithin sichtbare Château Frontenac, Wahrzeichen der Stadt Quebec, wurde im Stil der französischen Loire-Schlösser errichtet und beherbergt ein nobles Hotel. Churchill und Roosevelt trafen sich hier, um ihre Strategie im Krieg gegen Deutschland abzustimmen. Auf der illustren Gästeliste standen auch Queen Elisabeth II., Richard Nixon und Helmut Kohl. Unter der hölzernen Terrasse Dufferin sind noch Reste des ursprünglichen Forts von Anfang des 17. Jh. zu sehen.

Quebec ist die einzige Stadt nördlich von Mexiko, die noch über eine komplette Umfassungsmauer verfügt. Die Militäranlagen, Kanonen, Standbilder von Offizieren und Heerführern, Museen zu Kriegsthemen, der Parc des Champs-de-Bataille (auf dem Schlachtfeld der Briten gegen die Franzosen 1759) prägen das Stadtbild. In den Spielwarenabteilungen wird dies fortgeführt, etwa durch Metallsoldaten in historischen Schlachten oder Schachfiguren mit Union Jack gegen Trikolore.

Französisches Flair verbindet man oft mit Pastis im Straßencafé, Schlendern im Sonnenschein, einer Partie Pétanque … Das gibt es hier nur bedingt: Einen Bouleplatz hat bisher jeder Camping in der Provinz Quebec, gespielt hat aber nur Bruno. Sonnenschein kommt und geht auch schnell wieder. Alkohol gibt es nur in Verbindung mit Essen und nur in lizenzierten Lokalen. Selbst ein Feierabend-Bier gibt es an der Bar nur dann, wenn man einen Stuhl oder Barhocker ergattern kann.

Eine Hommage an Marie Lacoste-Gérin-Lajoie, Idola St-Jean und Thérès Casgrain (von links), die das Frauenwahlrecht und die Gleichberechtigung der Frauen in Quebec 1940 erkämpft haben und damit den Weg bereitet haben für die Wahl von Marie-Claire Kirkland-Casgrains (rechts) als erster Frau in der gesetzgebenden Versammlung und als erste Ministerin in der Regierung der Provinz Quebec. Das Denkmal steht neben dem Parlamentsgebäude und wurde 2012 enthüllt.

Am Sankt-Lorenz-Strom Richtung Süden

22.5. Wir sind inzwischen in der Provinz Quebec, die Verkehrsschilder sind nicht mehr zweisprachig: Vor den Elchen wird nur noch französisch gewarnt, die Stoppschilder künden „Arrêt“, die Werbung am Straßenrand ist frankophon. An den Hängen konnten wir noch ein paar Schneefelder entdecken – der Frühling kommt dieses Jahr nur langsam. Bei Riviere-du-Loup ist der Sankt-Lorenz-Strom noch 21 km breit, in der Provinzhauptstadt Quebec misst er stellenweise nur noch 800 m.

Quer durch New Brunswick

21.5. Ein weiterer Regentag verführt zum Kilometer fressen. Wir verlassen die Fundy-Küste und fahren über Land zum Tal des Saint-John-Rivers, dem wir einige hundert Kilometer flussauf folgen. Vor unserer Abreise hatten wir Bilder von Überflutungen in Ostkanada infolge von Dauerregen und Schneeschmelze gesehen. Ein Teil des Wassers ist inzwischen abgelaufen, doch sehen wir entlang des Trans-Canada-Highways noch viele überschwemmte Felder, Waldflächen und Flussauen.

Brücken sind nicht nur heute oftmals teure Sanierungsfälle. Vor gut hundert Jahren hielt eine solide Holzbrücke im hiesigen Meeresklima nur etwa 10 bis 15 Jahre. Wenn aber Holzwände und vor allem ein geschlossenes Dach vor der Witterung schützte, überdauerte sie leicht 70 bis 80 Jahre. Die „covered bridge“ über den St. John River in Hartland ist mit 391 m die längste überdachte Holzbrücke der Welt; erbaut wurde sie 1901, mit Holzplanken verkleidet 1921. Inzwischen ruht sie auf Betonfundamenten.

Wanderversuch im Fundy-Nationalpark

20.5. Wir sind inzwischen in der Provinz New Brunswick, am westlichen Arm der Fundy-Bay. Ein Tag Erholung beim Wandern durch den Wald und entlang der Steilküste, mit Blick auf Ebbe und Flut und den riesigen Tidenhub – so war der Plan. Doch dann kam der erst der Regen, später der Nebel, und es wurde ein Faulenzertag mit Lesen, Texten, Internet-Surfen und kleinen Spaziergängen. Das Foto vom Belvedere des Nationalpark-Campings zeigt den Hafen von Alma; die Lobster Rolls dort waren lecker.

Meerwasser flutet die Flüsse

19.5. Die Bay of Fundy zählt zu den Meeresgebieten mit dem größten Tidenhub. Besonders hoch ist der Gezeitenunterschied im Minas-Becken, dem östlichen Arm der Fundy-Bay. Die höchste Tide mit 16 m wurde beim Engpass am Cape Split gemessen. Wir umrunden das Minas Basin. Am Südufer begeistert uns der Shubenacadie River, ein Fluss, den die Flutwelle bis weit ins Landesinnere bergwärts zurücktreibt; die Welle wird im Sommer gerne zu Wildwasserfahrten genutzt; wir bestaunen das ablaufende Wasser.

Ab der Nordseite des Minas-Beckens folgen wir dem „Glooscap Trail“, benannt nach dem mächtigen Gott der First Nation der Mi‘kmaq: Hier wird die Küstenlinie höher, steil abfallende, rote Felsen säumen die Ufer. Vom Five Island Provincial Park schauen wir auf die fünf Inselchen; der Tidenhub beträgt hier immerhin noch 12 m. Parrsboro ist der älteste Ort an dieser Küste, mit gemauerter Kirche, modernem Theater und einem Museum für Mineralien und die Dinosaurier-Knochen, die in der Gegend gefunden wurden.

Quer durch Nova Scotia

18.5. Nach ausgiebigen Touren durch die diversen Einkaufspaläste der riesigen Mall, mit neuer Gasflasche und vollem Tank, brechen wir auf zu unserer sechsmonatigen Reise durch Kanada. Die Straßen Richtung Nordwesten zur Bay of Fundy sind breit und reich an tiefen Schlaglöchern. Die Laubbäume sind noch ziemlich kahl, erste Knospen und zartes Blattgrün und -rot erscheinen; in den Vorgärten stehen die Forsythien und Osterglocken in voller Blüte. Schön, dass wir dieses Jahr den Frühling zweimal erleben.

Glücklich angelandet und frei

17.5. Morgens um 7 Uhr legen wir in Halifax an. Nach ausgiebigem Frühstück an Bord bleibt noch Zeit für nette Gespräche in unserer schweizerisch-deutschen Reisegruppe, denn der Zoll kommt erst gegen 10 Uhr an Bord. Warten, ein paar Fragen (wohin, wie lange, Waffen, Alkohol …), warten – und wir können an Land. Das Gepäck wurde zur Laderampe gebracht, unsere Pässe wollte nur der Zöllner am Hafentor sehen. Einen Stempel im Reisepass bekamen wir nur als Souvenir (ist nicht üblich bei Schiffs-Einreise).

Wir sind vielleicht die ersten, die ihr Auto gleich am Tag der Schiffsankunft durch den Zoll bringen: Taxi zum Agenten, Frachtpapiere abholen; Taxi zum Zoll, Papiere stempeln lassen (und Fragen nach Waffen, Alkohol, Bauernhof-Besuch beantworten) – Frida war als einzige nicht frei gegeben; nach 30 Min. warten bekam Beate den erlösenden Stempel; zurück zum Hafen, wo Bruno das Womo aus dem Zollbereich fahren konnte. Abends treffen sich die Frachter-Reisenden zum Einkauf und zur Übernachtung bei Walmart.

Eine neue Reise