Eine Stadt mitten im See

30.7. Die Stadt Kemijärvi liegt malerisch am Kemijoki (=Kemi-Fluss), der sich hier zum Kemijärvi (=Kemi-See) ausweitet. Schaut man auf den Stadtplan, liegt die Gemeinde scheinbar mitten im See, einzelne Landzungen sind besiedelt, an anderen Enden liegt der Yachthafen, ein Freizeitareal oder ein Werk der Papierindustrie. Leider ist das Heimatmuseum, eingerichtet in einem Bauernhof der 1900er-Jahrhundertwende, bereits geschlossen. Aber die Supermärkte haben noch geöffnet, sodass wir uns noch mit Lebensmitteln und Grillgut eindecken können.

 

Kemijärvi ist Finnlands nördlichste Eisenbahnstation im Personenverkehr. Am Bahnhofsgebäude hängt ein überschaubarer Fahrplan: Täglich fährt der IC 274 um 19.40 Uhr nach Helsinki, mit Haltepunkten unter anderem in Rovaniemi (20,45 h), Oulo (23.33 h), Tampere (3.33 h); auch die 911 km in Gegenrichtung werden über Nacht gefahren. Die Gleise Richtung Nordosten sind auch noch in Betrieb, allerdings fahren nach Russland nur noch Güterzüge.

 

Aus dem Camper-Alltag

Wir genießen das finnische Essen, besonders zur Mittagszeit, denn dann gibt es Lounas-Buffet: immer mit Salatauswahl aus 6-12 Rohkostschüsseln sowie meist einer hervorragenden Gemüse-, Pilz-, Fleisch- oder Lachssuppe. Die Hauptspeisen reichen von Rentiergeschnetzeltem und Hackfleischklopsen über Braten und Steaks bis zu den wunderbaren Fischen aus Flüssen, Seen und dem Nordmeer. Dazu gibt es immer Wasser, Milch und verdünnten Sirup sowie Kaffee, manchmal mit Keks. Der Spaß kostet 7,50 – 14,50 Euro pro Person, inklusive Getränken.

 

Alkohol dagegen ist teuer in Finnland. Bier mit unter 5 % Alkoholgehalt gibt es im Supermarkt. Hier haben wir auch schon Wein gesehen, mit 0,0 oder 3,5 % Alkohol. Weine aus Mittel- und Südeuropa gibt es nur in speziellen ALKO-Läden, ebenso Sekt, Likör oder Schnaps aus in- und ausländischer Produktion. „Lapin Kulta“ ist das einzige Bier, das in Lappland gebraut wird; in Tornio, am oberen Ende des Bottnischen Meerbusens an der Grenze zu Schweden, hatten wir die Brauerei gesucht. Eine 0,5 l-Dose aus dem Kühlregal kostet 3,60 Euro im lappländischen Lebensmittelmarkt, der Sixpack 15 Euro.

 

Im Pyhä-Luosto-Nationalpark

Zwischen Gesteinshalden, Urwald und Moor

27.7. Drei Tage sind wir im Pyhä-Luosto-Nationalpark, einem der ältesten Schutzgebiete Finnlands. Inmitten einer Urwald-und Moorlandschaft erheben sich die steilen Gesteinshänge von fünf 500-m-Bergen. Im Norden dominieren die Skihänge am 514 m hohen Ukko-Luosto, im Tal massive Blockhütten und Glas-Iglus zum Nordlichtgucken. Am Lampivaara ist die einzige aktive Amethyst-Mine des Landes; hier können auch Touristen nach den lila-schimmernden Steinen schürfen. Wir begnügen uns mit Beerensammeln und Rentier beobachten.

 

28.7. Heute wollen wir ins Moor. Nachdem wir im Naturschutzzentrum in Pyhä den Unterschied zwischen Gestein und Geröll kennen gelernt haben, machen wir uns auf den Weg über die Gesteinshänge hinunter zu einer riesigen Hochmoorfläche. Bestens begehbar über einen Holzbohlenweg, der in den vergangenen Jahren immer wieder neu aufgebaut wurde, sodass wir jetzt über die dritte, teilweise vierte Bohlenlage trockenen Fußes zum Vogelbeobachtungsturm gelangen. Wunderbar süß-saure, gelbe Beeren wachsen hier; Profi-Sammler tragen Gummistiefel.

 

29.7. Die Isokuru-Schlucht zwischen den Kultakero- und Ukonhattu-Gipfeln ist mit rund 200 m Finnlands tiefste Schlucht. Zu beiden Seiten ragen steile, geröllbedeckte Felshänge in die Höhe, an einer Stelle gab es einen Felssturz. Der Felsgrund besteht aus Konglomeraten und Quarziten, die 2 Mrd. Jahre alt sind. Im Quarzit bestaunen wir die Wellenmuster auf der Steinoberfläche – ein Überbleibsel von ehemaligen Unterwasserdünen. Im hinteren Teil der Schlucht liegt ein See mit dünnem Wasserfall; hier wurden im 17. Jahrhundert zahlreiche Sami zwangsgetauft.

 

Beerensammler unter sich

Im Land der Goldwäscher

25.7. Ein Grund für die Erschließung des hohen Nordens waren die Goldfunde. Rund um den Lemmenjoki, am Ivalijoki und rund um Tankavaara wurden Goldstaub und größere Nuggets aus den Flüssen gewaschen. Im Goldmuseum in Tankavaara konnten wir etwas über die 4000-jährige Geschichte der Goldsuche erfahren – angefangen von den Ägyptern und Inkas über die Römer und Kelten bis hin zu Goldfunden in Heiligenblut /Österreich oder am Rhein und im Schwarzwald. Auf das Goldwaschen unter fachlicher Anleitung haben wir verzichtet.

 

Im Urho-Kekkonen-Nationalpark

24.7. Für Finnlands nordöstlichsten Nationalpark wurden in den 1970er-Jahren mehr als 100.000 Unterschriften gesammelt, unter anderem auch vom damaligen Staatspräsidenten Urho Kekkonen. Dennoch hat es bis 1983 gedauert, bis das Gebiet unter Schutz gestellt wurde. Beim Nationalpark-Zentrum starten wir unseren Spaziergang auf den kleinen Tankavaara – auf bequemem Weg über Steine und Wurzeln bis an den Rand der Baumgrenze und auf brüchigem Bohlenweg durchs Moor. Die Fichten haben sich schlank gemacht, damit der Schnee besser abgleiten kann.

 

Eine kahle Bergkuppe als Wegmarke

Vom Aussichtsturm auf dem Kaunispää haben wir einen hervorragenden Rundumblick über das nahe Saariselkä, die Waldlandschaft des Kekkonen-Nationalparks und bis zu den großen Stauseen im Süden; der Inarisee ist leider nicht mehr zu sehen. Die Bergkuppe ist eine weithin sichtbare Landmarke für Reisende; seit 1989 ist hier einer der vier finnischen Messpunkte innerhalb des europaweiten Vermessungssystems sowie weiterer geografischer Messsysteme. So kommt es, dass der Kaunispää nicht nur unterschiedliche Koordinaten aufweist, sondern je nach Messsystem 437,8 m, 438,1 m oder 460,8 m hoch ist.

 

Im Winter ist hier vermutlich viel los: 30 km beleuchtete Loipen, elf Abfahrtsstrecken (die längste misst 1,5 km), eine Superpipe sowie 240 km Skiwanderrouten warten auf die Wintersportbegeisterten. Damit die Skifans auch im Sommer fit bleiben, fahren manche mit Rollen unter den schmalen Brettern und Pulsmessband um der Brust über die Fahrstraße auf den Berggipfel. Oder sie brettern mit dem Mountainbike über die ausgewiesenen Skiwanderwege. Wir genießen einfach nur die Aussicht auf die ausgedehnten Wälder.

 

Das Wintersportzentrum Saariselkä gibt sich mondän. Propere Hotels, Restaurants und viele Buchungsmöglichkeiten für Abenteuer im Winter – von der Husky-Schlittenfahrt über Schneemobiltrips bis zum Rentierrennen. Auch die Straßen geben sich winterlich: An allen Laternen prangt noch (oder wieder oder immer?) der Weihnachtsschmuck. Natürlich hat das Büro des Weihnachtsmanns auch im Sommer geöffnet, ebenso wie die zahlreichen Souvenirshops und Geschenkeläden.

 

Im Lemmenjoki-Nationalpark

23.7. Nach mehreren Erweiterungen ist der Lemmenjoki-Nationalpark mit 2855 qkm das größte Naturschutzgebiet Finnlands. Zusammen mit dem angrenzenden norwegischen Nationalpark Övre Anarjokka bildet er eine der größten unberührten Wildnisse Europas. Wir spazieren über schmale, langgestreckte Bergrücken, die von den abschmelzenden Gletschern der letzten Eiszeit gebildet wurden, durch Moore und an Seen vorbei – und durch einen eindrucksvollen Pinienwald: Die nordische Kiefer wächst nur 1 mm pro Jahr; die Baumriesen hier sind 400 Jahre alt und 40 cm dick.

 

Immer noch kein Sonnenuntergang am Inari

Im Naturschutzreservat Kevo

20.7. Kevo zählt mit 712 qkm zu den kleineren Nationalparks Finnlands. Unter Schutz gestellt wurde die einzigartige Felsschlucht des Kevo (ein 40 km langer und stellenweise über 100 m tiefer Canyon) sowie ein Teil der umliegenden, empfindlichen Fjell-Landschaft. Quer durch das Schluchtengebiet ist ein 63 km langer Wanderweg markiert. Wir beschränken uns auf eine fünfstündige Wanderung über Stock und Stein, über felsige Hügel und Tundra artige Moorgebiete. Wir haben eine tiefe Stille erlebt, kaum Vogelgezwitscher gehört, keine Rene gesehen; fünf Wanderer sind uns begegnet.

 

 

Im Grenzort Utsjoki

19.7. In Utsjoki ist nur wenig mehr los als in Nuorgam. Über die doppelte Schrägseilbrücke geht’s wieder nach Norwegen, wo die Europastraßen 6 und 75 zusammentreffen. Wir jedoch bleiben im Zentrum des nördlichsten finnischen Landkreises, des einzigen mit Sami-Mehrheit. Gleich unterhalb der Grenz-Brücke am Tenojoki steht ein Sami-Winterhaus mit Fenstern in alle Richtungen und mächtigen Kaminen über der schützenden Holz-Erde-Moos-Hülle. Drumrum erfreuen uns die bunten Wiesenblumen.

 

Ein Stück außerhalb finden wir die evangelisch-lutherische Kirche von Utsjoki. Gegenüber, an einem Hang zum Mantosee-Ufer, sind einige Kirchhütten aus dem 18. Jahrhundert erhalten – vom Fischkeller, Vorratsgebäuden und Ställen über die Rauchsauna und die Rasenhütte bis zur Gerichtshütte und dem Wohnsitz des Vogts, wenn er auf seinen Dienstreisen in Utsjoki Steuern eintrieb. Bis auf die Rasenhütte sind alle Häuser aus Holz gebaut und teilweise mit Holzlatten, teilweise mit Grassoden über Birkenrinde gedeckt.

 

Ganz im Norden der EU

19.7. Wir passieren die Riksgrense und schon sind wir von Norwegen nach Finnland eingereist; nur Video-Überwachung, keine Grenzer weit und breit. Das Sami-Dorf Nuorgam (samisch: Njuorggan) ist der nördlichste Ort der Europäischen Union. Die EinwohnerInnen leben weit verstreut und meist vom Lachsfang und der Rentierzucht; ein paar verdienen ihren Lebensunterhalt in der Tankstelle, dem Supermarkt samt Burger-Bude oder dem Textilladen – allesamt die nördlichsten der EU. Ansonsten halten sich die Attraktionen außerhalb der grandiosen Natur in Grenzen.

 

Natur pur am lachsreichen Teno (norwegisch: Tana). Die Ufer sind ganz unterschiedlich besiedelt: in Finnland kaum ein Haus, in Norwegen dagegen Bauernhöfe, Ferienhütten, Weideland. Im und auf dem Grenzfluss ist pralles Leben: Angler stehen mitten im Fluss und werfen ihre Ruten aus, Fliegenfischer versuchen ihr Glück von einer Kiesbank aus, und die Faulen fahren mit dem Motorboot flussaufwärts und lassen sich abwärts treiben, etwas verlangsamt durch ein paar Ruderschläge gegen den Strom. Wir hoffen, es reicht allen für das Mittagessen.

 

Eine neue Reise