Reisen im Rollenden Hotel

Wir sind mutige Menschen; deshalb haben wir als erste Reise im Rotel gleich eine lange Tour ausgewählt: 35 Tage längs und quer durch Argentinien und Chile, auf fast 10.000 Kilometern die Schönheiten Südamerikas kennenlernen. Wir haben es nicht bereut, aber die Tour schreit auch nicht zwingend nach Wiederholung. Auch wenn wir unglaublich viel gesehen haben, bevorzugen wir normalerweise das langsame Reisen, das Verweilen an schönen Orten und in bezaubernder Natur. Der Kontakt zu anderen Reisenden und Einheimischen kann sich dann auch intensiver entwickeln.

 

Der Aufbau des Bettentrakts geht ganz fix

Leben im Rotel

Leider haben wir versäumt, unsere Schlafkoje während der Reise zu fotografieren. Das Bild entstand erst am letzten Rotel-Tag, nachdem alles ausgeräumt und die Betten abgezogen waren. Man sieht drei Doppelkojen übereinander, jeweils etwa 1,30 m breit und ausreichend hoch, damit wir aufrecht sitzen konnten. Damit kamen wir gut zurecht, denn unser Womo-Alkoven hat ähnliche Dimensionen. Ohne Spannbetttuch sieht man auch gut, dass der Bettentrakt schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat, die Matratzen-Hülle ist zerschlissen – was uns aber nicht am guten Schlaf hinderte.

 

Das Rotel-Leben spielt sich meist im Freien ab, mit geregeltem Tagesanfang: Aufstehen um 6 Uhr, Frühstück um 7 Uhr, Abfahrt um 8 Uhr; das war nicht weiter schlimm. Beim Abbau des Bettentrakts helfen viele mit, sodass das in kaum 15 Minuten erledigt ist. Nach reichem Besichtigungsprogramm tagsüber erfolgt nachmittags wieder der Aufbau des Schlaftrakts und der Biertischgarnituren. Dann gibt’s Abendessen oder einen Spaziergang in die Natur, einen Stadtbummel, ein erfrischendes Bad im See oder Meer (allerdings nicht im südlichen Patagonien).

 

Übernachtet haben wir meist an Campingplätzen oder bei Hostals und nutzten deren Sanitäreinrichtungen. In Regionen ohne Camping-Infrastruktur standen wir auch bei Hotels oder Ferienhausanlagen, in denen je zwei Hotelzimmer oder Bungalows zum Duschen für Männlein und Weiblein angemietet wurden. Eine Besonderheit Südamerikas kannten wir bereits aus den baltischen Staaten: Die Abwasserrohre sind so klein dimensioniert, dass jegliches Toilettenpapier in einem bereit gestellten Korb entsorgt werden musste – auf den Campings und in den Hotels/ Restaurants!  

 

So luxuriöse Badehäuschen mit Dusche, Toilette und Waschbecken hatten wir freilich nicht immer. Normalerweise gab es ein Gebäude mit 3-4 Toiletten, 3-4 Duschen und einer Waschbeckenreihe vor großem Spiegel – Campingplatzstandard eben. In Punta Arenas und in Santiago haben wir im Hotel übernachtet; da gab es Innenstadt-nah wohl keinen ausreichend großen Stellplatz für das 23 m lange Gefährt.

 

Die Reiseleitung

Vor Ort organisiert wird die Fahrt durch zwei Personen: Busfahrer Gerhard rangiert rückwärts in die kleinste Lücke. Er ist auch für die Zubereitung des Essens zuständig. Das hat zwar keine Gourmetqualität, ist aber durchaus schmackhaft. Entgegen Berichten von früheren Rotel-Reisenden gab es nicht nur das legendäre „Rotel-Süppchen“ in verschiedenen Varianten, sondern auch Nudelgerichte, Sauerkraut mit Würstel, Kartoffelspeisen etc. aus der Bordküche. Ab und zu wurde auch zugekauft – vom Pizzadienst oder den Asado-Meistern.

 

Reiseleiterin Angelika hat uns mit ihrem fundierten, umfassenden Wissen begeistert. Wir haben unglaublich viel gelernt - von den geologischen Zusammenhängen bis zur südamerikanischen Flora und Fauna, von den Entdeckungsfahrten der Spanier und Portugiesen bis zu den Militärregimes und den Demokratiebewegungen in beiden Staaten. Ihre Vorträge bei Besichtigungen oder während der Fahrten durch die patagonische Steppe waren hochinteressant und kurzweilig. Bei unseren Womo-Reisen müssen wir uns diese Informationen alle selbst erarbeiten.

 

Die Mitreisenden

Ein bunt gemischtes Völkchen reiste fünf Wochen im Rotel. Sie kamen aus der ganzen Republik, von Braunschweig und Brandenburg bis Herrenberg und München. Nachdem ein Mitreisender nach einem Unfall früh die Fahrt abbrechen musste, hatten wir mit 21 Personen (statt maximal 34) üppig Platz in Allradbus und Schlaftrakt. Insgesamt waren wir nur vier Paare, die Mehrheit waren Einzelreisende, mit einem ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern. Eine nette Gruppe – bis auf eine mit-reisende Person, die mit böser Absicht Fotos von meiner Speicherkarte in der Kamera löschte; allein von Ushuaia und der Schiffsreise auf dem Beagle-Kanal fehlen mir 70 Bilder!!!

 

Abseits der Piste

Dank Allrad-Bus mit über 500 PS war die Fahrt auf Schotterwegen und auch mal abseits der Piste kein Problem. Wir sind auf der legendären Anden-Route, der Ruta 40 in Argentinien, gefahren. Wir haben die Ruta 7, die Carretera Austral, im Süden Chiles sowie die mythische Panamerikana, die in Chile Ruta 5 heißt, ein Stück weit erkundet. Offroad- und Pisten-Touren werden allerdings auch in Patagonien immer seltener. Die meisten Straßen sind bestens asphaltiert, die Panamerikana ab Puerto Montt im chilenischen Seengebiet bis fast zur bolivianischen Grenze ist als vierspurige Autobahn ausgebaut.

 

Der letzte Abbau des Bettentrakts

Filmchen von Rotel

Eine neue Reise